Baustelle Interkultur

Viel mehr als bislang müssen wir uns alle ganz praktisch mit Integration befassen, die Orte der Interkultur mitgestalten und neue erschaffen. | Immer wieder wird der Anspruch formuliert, die Vielfalt der Augsburger Bevölkerung auch im Kulturleben sichtbar zu machen. Migratengruppen wollen in angemessener Weise ihre Traditionen und Bräuche pflegen können und ihre Alltagsfragen, aber auch ihre Visionen und Träume sollen in kulturellen Werken einen Ausdruck finden. Wenn wir von Interkultur oder manchmal auch Transkultur sprechen, meinen wir darüber hinaus, dass es Orte geben muss, an denen ein wirklicher Austausch der Kulturen statt finden kann. Zu solch einem Ort gehören beispielsweise die Kresslesmühle, das Café Tür an Tür, das Grandhotel Cosmopolis, das Café Neruda, die Kulturküche, das Sensemble Theater, das Junge Theater und Das Bunte Haus im Asylheim Calmbergstraße. Daneben gibt es eindeutig programmatische Ansätze von Interkultur mit unterschiedlichen Spielstätten wie das Hohe Friedensfest, die Asien- und Afrikawochen der Werkstatt Solidarische Welt, die Kültürtage und die Konzerte von Karman. Es fällt auf, dass diese Formate und Orte nicht gerade üppig mit Geldmitteln ausgestattet sind. Soll es Interkultur etwa frei Haus geben? Die vielen Gesprächrunden in den letzten Tagen zeigen doch eines sehr deutlich: Viel mehr als bislang müssen wir uns alle ganz praktisch mit Integration befassen, die Orte der Interkultur mitgestalten und neue erschaffen.

Und die Interkulturelle Akademie? Was ist damit eigentlich? Die interkulturelle Kommunikation, interkulturelle Bildungs- und Kulturarbeit, interkulturelle Verständigung und das interkulturelles Management sind gefragten denn je. Diesen Auftrag hat sich die Interkulturelle Akademie einst gegeben. Seit Monaten liegt die Arbeit durch die Umstrukturierung in der Kresslesmühle auf Eis. »Es ist leichter, ein Atom aufzubrechen, als ein Vorurteil«, sagte Albert Einstein. Die Verunsicherung in der Bevölkerung wächst, Ängste werden geschürt. Aus dem »Wir schaffen das!« droht ein »Zäune hoch!« zu werden. Mit aller Kraft müssen wir das verhindern. Die Akademie als Ort der intellektuellen Auseinandersetzung mit den großen Anforderungen an unsere Stadtgesellschaft bzgl. Interkultur kommt hoffentlich bald wieder aus der Hüfte. Sie wird gebraucht!

Von Susanne Thoma