Konversion der Erinnerung
Der Kulturbeirat fordert eine Beteiligung an Beschlussfassungen des Stadtrates, wenn es um die Halle 116 geht. | Ohne Zweifel, in die Diskussion um den Erinnerungsort Halle 116 ist Bewegung gekommen. Rund um die Bürgeraktion Pfersee, die sich seit vielen Jahren für den Erhalt des Gebäudes und die Ausgestaltung als Gedenkort einsetzt, hat sich die »Initiative Denkort Halle 116« formiert, zu der u.a. die Augsburger Friedensinitiative, der Regionalverband der Sinti und Roma, die Stolpersteininitiative oder das Bündnis für Menschenwürde gehören. Auch der Kulturbeirat hat sich nun in die Thematik hineingekniet.
Rückblick: Von 1944 bis 1945 war in einer Halle, dem Gebäude 116, ein Außenlager des Konzentrationslagers Dachau untergebracht. Die Insassen waren zur Zwangsarbeit u.a. für Messerschmidt verurteilt und lebten unter grausigsten Bedingungen im Lager. Viele von ihnen kamen dort auch zu Tode. Nach dem Zweiten Weltkrieg bezogen die US-Streitkräfte das Gebäude. Bis zum Abzug der Amerikaner im Jahr 1998 wurde es als Garage, Werkstatt und Bibliothek genutzt. Seit 2015 liegt der Stadt Augsburg ein wissenschaftliches Konzept des Historikers Phillip Gassert vor. Darin ist eine Kombination von Dauer- und Wechselausstellungen angedacht sowie ein Gedenkraum und Räume für unterschiedliche Veranstaltungsformate. Auf Beschluss des Stadtrats soll die Halle 116 erhalten bleiben und darin ein Lern- und Erinnerungsort eingerichtet werden. Sowohl die Präsenz der amerikanischen Streikräfte als auch die Gräueltaten der Nationalsozialisten sollen sichtbar werden.
Die Frage ist nun, ob das Gebäude in das Eigentum der Stadt Augsburg zur eigenen Nutzung überführt werden soll oder ob es an die Gregor Deurer GmbH zur gewerblichen Teilnutzung veräußert wird. Ein Stadtratsbeschluss vom Oktober 2017 hat den Weg hierfür frei gemacht. Der Investor ist allerdings gefragt, seine Vorstellungen für eine soziokulturelle Nutzung einer Teilfläche von ca. 1.000 qm vorzulegen. Gleichzeitig läuft ein Anfrage an das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, um den Schutzstatus der Halle 116 zu klären. Für Kulturbeiratsmitglied Josef Strzegowski von der Israelitische Kultusgemeinde ist es unerheblich, ob die ganze Halle 116 oder nur ein Teil davon als Gedenkort genutzt wird. Viel mehr von Bedeutung sei, dass das Gedenken und Erinnern so konzipiert ist, dass es bei der jüngeren Generation auf Interesse trifft und sie anspricht. Denn »Erinnerung verändert sich!« und eine eingefahrene Sicht auf die Dinge von saturierten Leuten brauche man nicht, so Strzegowski. Insofern muss es eine »Konversion der Erinnerung« geben, wie auch Beiratsmitglied Martin Kaufhold anmerkte.
Der Kulturbeirat fordert eine Beteiligung am Prozess der Entscheidungsfindung im Stadtrat. Er will Kommunikationsbrücke zwischen Bürger*inneninteressen, der Stadtverwaltung und der Politik sein, für Transparenz sorgen und sich mit seiner Expertise einbringen. Genau dafür haben wir ihn gewählt!
Von Susanne Thoma