Ergebnisse der Ständigen Konferenz vom 7./8.10.2022
Kulturarbeit und Nachhaltigkeit
Die Ständige Konferenz veranstaltete einen Workshop zum Thema Kulturarbeit und Nachhaltigkeit:
Wer? Die Expert*innen Dr. Franziska Sperling, Sylvia Schaab, Tom Hecht und Günter Schütz, Horst Thieme, Norbert Stamm, Ludger Elfgen, Denzil Manoharan
Die Teilnehmer*innen: Sara Sepehri Shakib, Matthias Fischer, Fabian Linder, Jürgen Kannler, Isabelle Glaser , Susanne Reng, Sebastian Seidel
Wann? Am 07.10 und 08.10.2022
Wo? Veranstaltungsort war das Sensemble Theater
Wie? Mithilfe von „Speeddating“, Austausch zwischen Teilnehmer*innen und Expert*innen von verschiedenen Bereichen
Was? Folgende Bereiche: Ressourcen, Mobilität, Faires und Diversität, Digitales, Förderung und Vernetzung
Folgende Kulturveranstalter gab es als Teilnehmer:
• Kulturamt HipHop sein Haus (Isabelle Glaser)
• Junges Theater (Susanne Reng )
• Ballonfabrik (Fabian Lindner)
• a3Kultur (Jürgen Kannler)
• Jüdisches Museum (Sara Sepehri Shakib)
• Märchenzelt (Matthias Fischer)
• Sensemble Theater (Sebastian Seidel)
Ablauf
15.00 Speeddating
• fünf geplanten »Speeddatingrunden«:
• an 5 separaten Tischen, die an verschiedenen Orten im Theater stehen.
• Die Vertreter*innen der angemeldeten Kulturorte haben jeweils 20-30 Minuten Zeit sich mit den Expert*innen auszutauschen.
18.00 Nachbesprechung
• gemeinsames (vegetarisches) Essen geplant
• einzelnen Runden dokumentieren
• ggf. als Basis für weitere Workshops zum Thema Kulturarbeit und Nachhaltigkeit
20.30 Theater
• Teilnehmenden haben die Möglichkeit die aktuelle Sensemble Theater Inszenierung: Made in West Germany zu besuchen.
Folgende Fragen wurden im Vorhinein bearbeitet: Was erwartet ihr von dem Workshop? Was läuft bei uns im Kontext Nachhaltigkeit eigentlich ganz gut oder überhaupt nicht gut? Wie diskutieren wir das Thema in den Teams?
Gemeinsame Nachbesprechung
Beitrag für a3Kultur am 07.11.2022 von Jürgen Kannler
Das Sensemble Theater und die a3kultur-Redaktion initiierten im Rahmen einer Ständigen Konferenz zwei Tage mit Informationen, Gesprächen und Workshops zum Thema »Kultur und Nachhaltigkeit«.
Anfang Oktober starteten die beiden Workshop-Tage zum Thema Kulturarbeit und Nachhaltigkeit im Rahmen einer Ständigen Konferenz*. Initiiert und ausgerichtet von der a3kultur-Redaktion und dem Team des Sensemble Theaters fanden die Teilnehmenden ebendort, in diesem größten freien Theater der Region, den perfekt geeigneten Kulturort. Die Räume des Theaters in der Augsburger Kulturfabrik haben sowohl die nötige Infrastruktur als auch das Niveau und den Flair, Veranstaltungen dieser Art zu beherbergen.
Zumindest im süddeutschen Raum steckt das Themenfeld Kulturarbeit und Nachhaltigkeit noch weitgehend in den Kinderschuhen. Umso mehr Erwartungen hatten die Teilnehmenden an die beiden Tage und sie wurden, allem Vernehmen nach, nicht enttäuscht. Im Speeddating zur Nachhaltigkeit? Was sich im ersten Augenblick wie ein schlechter Witz anhört, funktionierte in der Praxis erstaunlich gut.
Am ersten Workshop-Tag waren alle Kulturorte und Kulturarbeiterinnen aus unserer Region eingeladen, die sich im Kontext ihrer Arbeit bereits mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandergesetzt haben oder zukünftig auseinandersetzen wollen. Das Prozedere war denkbar einfach. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde begaben sich die Teilnehmenden in einem rotierenden System in die fünf mit Themenexpert*innen besetzten Speeddating-Runden: Ressourcen – Mobilität – Fairness, Gleichheit, Diversität – Digitales – Netzwerk & Förderung.
Diese Themen wurden in verschiedenen Räumen im Theater verhandelt. So gelangten die Teilnehmenden in die Garderoben der Künstler*innen, in den großen Theaterraum, in die Bar, die Probebühne, auf die Terrasse und in die Lounge des Sensemble Theaters. Ein Verfahren, das dem Workshop von Beginn an alle Seminarraumparanoia und ortsspezifischen Reserviertheiten nahm.
*Die Ständige Konferenz (SK) ist so etwas wie eine Möglichkeit ohne wirklichen Rahmen. Alle Kulturschaffenden unserer Region können eigeninitiativ eine SK einberufen. Wer zu dem Termin kommt, ist automatisch Teil der SK, mit Rede- und ggf. Stimmrecht. Nur zuschauen geht nicht. Die SK wird vom Förderverein Ständige Konferenz der Kulturregion Augsburg unterstütz, dieser zuweilen auch vom Kulturamt der Stadt Augsburg, der Lokalen Agenda 21, diversen Stiftungen und Unternehmen. Der Förderverein ist Teil der lokalen Agendaforen und des Nachhaltigkeitsbeirats der Stadt Augsburg.
Zusammenfassung und Ausblick
An diesen Orten hatten die Vertreter*innen der Kulturorte und die Expert*innen jeweils rund 25 Minuten Zeit für einen sehr individuellen Austausch zum Thema. Die Dokumentation besorgten die Teilnehmenden über einfache Stichpunktnotizen selbst. Das vorher in diesem Kontext noch nicht erprobte Format erwies sich als perfekt, um beim Thema Kulturarbeit und Nachhaltigkeit einen ersten Schritt zu tun.
Es waren Gespräche auf Augenhöhe, mit einer sehr hohen Qualität des Informationsaustauschs, wie die Teilnehmenden in der ersten Nachbereitung unisono bestätigten.
Ziel dieses ersten Workshops war es, vor allem Fragen der Kulturorte zum Thema Nachhaltigkeit zu sammeln. Die Ergebnisdokumentation soll in einem zweiten Schritt erfolgen und mit den beteiligten Expert*innen nachbereitet werden, auch um erste Antworten im Kontext Kulturarbeit und Nachhaltigkeit anzubieten. Ein Prozess aus Frage und Antwort, der in einem nächsten Schritt auch anderen Kulturorten und Künstler*innen über diverse Veröffentlichungen und weitere Veranstaltungen zugutekommen soll.
Die Nachbesprechung fand bei einem gemeinsamen Abendessen in der Theaterlounge statt. Im Anschluss waren die Teilnehmenden zu einer Aufführung der aktuellsten Inszenierung des Sensemble Theaters eingeladen. Ein weiterer, unschlagbarer Vorteil, wenn man bei Theaterleuten zu Gast ist.
Für das kommende Jahr sind weitere Workshop-Einheiten zum Thema geplant.
Der Folgetag richtete den Blick dann explizit auf das Thema nachhaltige Förderung/Förderstrukturen im Bereich der freien darstellenden Künste in Bayern.
Dieser Tag war eine wirklich gelungene Kooperation mit dem Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. und dem Bundesverband Freie Darstellende Künste e.V. im Rahmen des Projekts »Performing Arts – Performing Future«.
Zuerst thematisierten Daniela Koß und Aron Weigel in ihren Impulsvorträgen das Thema Nachhaltigkeit sowohl als inhaltlichen als auch formalen Aspekt von Förderprogrammen. Dann gingen Workshops mit Aron Weigel und Harald Redmer der Frage nach, wie nachhaltige Förderstrukturen denn idealerweise aussehen könnten.
Ausgehend von den Workshops wurden abschließend gemeinsam Vorschläge erarbeitet, die Mitte Oktober beim »Freischwimmen meets Rodeo«-Festival bei einem Open Table präsentiert wurden.
Die Teilnahme an beiden Formaten war kostenfrei.
Speeddating Protokolle zusammengefasst
Horst Thieme (Digitales):
Tätig in den Bereichen IT und Digitales, unter anderem bei Smart City
• Sieht keine zwingende Notwendigkeit in Anlaufstelle für Digitalisierungsberatung
→ Allerdings müsste es solche Anlaufstellen auch in anderen Bereichen geben, wie z.B. bei Vereinen
• evtl. ein jährliches Offering, organisiert vom Kulturreferat in Zusammenarbeit mit städtischer Digitalisierungsstelle oder Externen?
• Sieht Reservix als keine optimale Ticketverkaufslösung → eigenes Augsburger Ticketingsystem?
• Einen zentralen Kulturkalender für alle Kulturschaffenden und die Presse
• Während Corona unausgeglichene Möglichkeiten für digitale Angebote (Künstler und Veranstalter)
→ Lösung: generelle Räume schaffen für hybride Tagungen oder auch für ein rein digitales Angebot z.B. Stream
Denzel Manoharan und Ludger Elfgen (Diversity, Gleichheit und Fairness):
Denzil Manoharan beteiligt sich am Diversity Management der Tür an Tür Integrationsprojekte. Ludger Elfgen ist zusätzlich Geschäftsleitung für Konzeption und Design bei Elfgenpick. Zusammen setzen sie sich schon lange für Fairness und Gleichheit ein.
Denzel Manoharan und Ludger Elfgen (links) im Gespräch mit
Matthias Fischer und Sebastian Seidel
- Jungen Theater mit Susanne
• neue Programmvorschläge kommen wenig von Mitarbeitern sondern »nur« von Susanne
evtl. aufgrund von Unterschieden bei Festangestellten und Freiberuflern?
- Ballonfabrik mit Fabian
• entstanden, aus einer männlich dominierenden Musikszene → deshalb werden verstärkt Frauen auf die Bühne geholt
• nach der Pandemie , viele neue Leute im Team, dies führt zu mehr Vielfalt
• schwierig gegen Sexismus zu kämpfen oder einen Safe Space zu schaffen
• eher Safer Spaces keine Safe Spaces
• Selbst-organisiert und basis-demokratische Bühne für den Nachwuchs
• ehrenamtliche Arbeit ist vermutlich gesellschaftlich privilegiert
- a3Kultur und Jüdisches Museum mit Jürgen und Sara
• die frühere Leitung des jüd. Museum gab viele Freiräume → Koleg*innen sahen dies als Führungsschwäche
• Jürgen hofft auf größere Beteiligung durch Umwandlung in eine Stiftung
→ Stiftung kein Allheilmittel, Mitarbeitende müssen auch zur Arbeit befähigt werden
Kollektive Verantwortung für ein Wir-Gefühl!
- Märchenzelt und Sensemble Theater mit Matthias und Sebastian
• Sensemble Theater engagiert sich seit Gründung für die Ziele der Gemeinwohl-Ökonomie
• will aber nicht über dieses Engagement wahrgenommen werden, sondern über die Stücke auf der Bühne
- Kulturamt Popkultur-Büro und HipHop sein Haus mit Isabelle
• Dimensionen der Diversität: Bildung, Soziales Umfeld, Alter, sexuelle Orientierung, Ethnien usw.
• In der Kresslesmühle regelmäßig kostenfreie Veranstaltungen
• Isabelles Wunsch: Mehr Diversität bei den Veranstaltungen
• digitale Formate während Corona eher erfolgslos
• Leute aus anderen »Bubbles« eher Angst vor Ausgrenzung? Was tun für eine Empowerung?
• evtl. Flyer oder Social Media Posts in anderen Sprachen und neue geschützte Räume schaffen
Tom Hecht und Günther Schütz (Verkehr und Mobilität):
Tom Hecht ist seit 2015 Agendasprecher und Arbeitet zusätzlich in den Agendaforen und dem Fachforum Verkehr, sowie der Bürgerstiftung Augsburg. Günther Schütz beschäftigt sich auch mit Mobilität in Augsburg und organisiert deshalb den Lastenradverleih Max und Moritz in Augsburg.
Franziska Sperling (links) im digitalen Gespräch mit Tom Hecht (online zugeschaltet), Matthias Fischer und Günther Schütz (ganz rechts)
- Kulturamt, HipHop sein Haus mit Isabelle
• hätte gerne zwei Lastenräder
• selbst gebautes Boom-Box-Fahrrad für Open-Airs?
• wie kann man Gäste zur nachhaltigeren Anreise motivieren?
• Organisierte Rad-Busse
- Junges Theater mit Susanne
• kein fester Spielort → alles muss sicher und trocken transportiert werden
• Homepage thematisiert bereits das Anreiseverhalten
• Schulklasse aus der Stadt: kommen zu Fuß oder mit ÖPNV
• Schulklassen vom Land: Reisebus
• Bei Wochenendveranstaltungen: Familien mit Auto oder Rad
- Ballonfabrik mit Fabian
• selbstverwaltet mit einem erwachsenen Publikum
• schlechte ÖPNV Anbindung, E-Scooter als Transportmittel für Frauen v.a. nachts, Taxi ebenfalls eher mäßig
• 20 vorgeschriebene Autoparkplätze, keine Fahrradstellplätze
→ evtl. Überdachung oder stationäres Werkzeugset für Fahrräder?
→ Janos Korda (Fahrradbeauftragter der Stadt) Anfragen für finanzielle Unterstützung
- a3Kultur und Jüdisches Museum mit Jürgen und Sara
• bei 5 km → Fahrrad in der Stadt schneller
• ab 7 km → Auto in der Stadt schneller
• Vereinbarung mit SWA und Kulturschaffenden wäre anzustreben
• Wanderausstellungen nachhaltiger als stationäre Ausstellungen
- Märchenzelt und Sensemble Theater mit Matthias und Sebastian
• Kulturorte schlecht angebunden für Besucher, vor allem abends, Schauspieler aus München reisen oft mit Auto
• Initiative zur besseren Anbindung mit Schlachthofviertel verlief komplett ergebnislos
• Bei Märchenzelt mehrere Anhänger und KFZ → andernfalls schlecht transportierbar
Silvia Schaab (Ressourcen):
Sylvia Schaab ist Gründerin und Sprecherin von Forum Plastikfreies Augsburg und im Vorstand Transition Town Augsburg e.V.
- Märchenzelt mit Matthias
• schon immer sehr ressourcenschonend
• Bus schon 20 Jahre alt (alter Bus oder neuer Bus umweltschonender?)
• Holz im Zelt atmosphärisch aber auch nachhaltig
- Ballonfabrik mit Fabian
• Mehrweg- Getränke aus der Region
• vegetarisch, vegan
• Kühlschränke werden effizienter eingeräumt und gekühlt
• Kaputte Kabel werden gesammelt um sie dann wiederzuverwenden
- Junges Theater mit Susanne
• Mensch wird in der freien Szene ständig ausgebeutet und lässt sich ausbeuten
• fester Stamm immer mit selben Leuten
• wie bekommt man den Generationenwechsel hin?
• während Pandemie wenig Motivation im Team
- Sensemble Theater mit Sebastian
• Bei Bühnenbildern: Tausch untereinander
• manche Regisseure streben Nachhaltigkeit an
→ kurzfristige Requisiten aus China
• lange Arbeitsverhältnisse
• was früher normal war, kommt heute wieder als nachhaltiges Verhalten
• Essen ist regional und Bio
• Einkauf bei: Ulis Bioweinhandlung, Weltladen, Memo (Büroartikel in der Mehrwertbox)
- Kulturamt Augsburg mit Isabelle
• Bei Veranstaltungen an die Gegebenheiten vor Ort angewiesen
• nachhaltiges Catering
• Anzahl der Flyer werden reduziert
- Jüdisches Museum mit Sara
• hat sich noch nicht sehr viele Gedanken gemacht
• vieles altes wird wiederverwertet
• Wunsch nach Hilfe von außen - Die Ergebnisse von Norbert Stamm stehen noch aus
Isabelle Glaser (links) im Gespräch mit Norbert Stamm (rechts)
Zusammenfassung geschrieben von Selena Steinmuss a3Kultur-Redaktion
Das Projekt Kulturarbeit und Nachhaltigkeit wird gefördert vom Förderverein der Ständigen Konferenz e.V. und dem Lokalen Agendaforum.
Organisation Anne Schuester – Sensemble Theater und Jürgen Kannler – a3kultur